Illustration von einem rothaarigen Mädchen, das ein Schild hochhält auf dem "Stellungnahme" steht.

Stellungnahme zum Einsatz von ChatGPT im Bildungswesen

Graz, am 13.02.2022

Als Lobby der Menschen bis 14 beobachten und beurteilen wir, das Kinderbüro, gesellschaftliche Entwicklungen aus Sicht der Kinder und geben unsere Expertise für eine Veränderung der Gesellschaft hin zu einer kinder- und familienfreundlicheren ab. Anlässlich des aktuellen Safer-Internet-Aktionsmonats und der öffentlichen Diskussion rund um den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Schule im Zusammenhang mit ChatGPT stellen wir eine klare Forderung an Entscheidungsträger*innen und Pädagog*innen:

Digitale Bildung und Medienkompetenz müssen einen höheren Stellenwert im Unterricht bekommen, damit Kinder und Jugendliche sicher und kompetent mit gegenwärtigen und künftigen Technologien umgehen können. Derzeitige Formen der Leistungsüberprüfung müssen überdacht und angepasst werden, denn Schüler*innen sollen nicht für Noten, sondern fürs Leben lernen!

Digitalisierung und künstliche Intelligenz sind keine Neuheiten, sondern sind bereits seit Jahren alltägliche Begleiter. Die aktuellen Diskussionen rund um den Einsatz von ChatGPT durch Schüler*innen zeigen nur, dass unser Bildungssystem verabsäumt hat, zeitgerecht auf diese Entwicklungen zu reagieren. Statt ChatGPT aber zu verteufeln und komplett aus den Schulen zu verbannen, sollten wir es als Anlass nutzen, um uns im Bildungsbereich darüber klar zu werden, welches Wissen wir Kindern und Jugendlichen vermitteln wollen und wie wir es vermitteln wollen.

Mit Informationen richtig umgehen statt auswendig lernen

Derzeit sieht unser Schulsystem vor, dass Kinder und Jugendliche Fakten auswendig lernen und dieses Wissen dann bei schriftlichen Überprüfungen wiedergeben. Abgesehen davon, dass ChatGPT macht diese Art der Wissensüberprüfung obsolet macht, ist diese Art des Lernens auch nicht nachhaltig. Sie führt dazu, dass Kinder und Jugendliche nur für eine Prüfung lernen, um eine gewisse Note zu erzielen, danach wird das Wissen sofort wieder vergessen. Viel sinnvoller wäre es, Kindern und Jugendlichen beizubringen, wie sie Informationen richtig recherchieren, was verlässliche Quellen sind und wie sie sich kritisch mit Informationen und ihrem Wahrheitsgehalt auseinandersetzen. Um diesen kritischen Umgang zu vermitteln können Pädagog*innen durchaus Technologien wie ChatGPT einsetzen, wie auch Saferinternet.at hinweist. Als Erwachsene profitieren Schüler*innen viel mehr davon, wenn sie komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge verstehen, richtig einordnen und kritisch hinterfragen können als wenn sie in der Lage sind, nur Fakten auswendig herunterbeten.

Einen bewussten Umgang mit digitalen Technologien pflegen

Auch wenn digitale Technologien viel Potenziale bieten, bergen sie auch Risiken. Übermäßige Smartphone-Nutzung fördert unter anderem schlechte Haltung, Einsamkeit, Depressionen und kann sich im schlimmsten Fall zur Sucht entwickeln. Da Smartphones aber ein täglicher Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen sind und auch nicht mehr verschwinden werden, ist es umso wichtiger einen bewussten Umgang mit ihnen zu pflegen. Wichtig ist hierbei vor allem, dass Lehrende dabei auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der jeweiligen Altersgruppe eingehen. Gerade jüngere Kinder, die noch kein eigenes Handy besitzen bzw. Kinder, die aus finanziellen Gründen kein eigenes Handy besitzen, dürfen dabei nicht auf der Strecke gelassen werden. Um das zu bewerkstelligen, müssen Lehrende in ihrer Aus- und Weiterbildung das richtige Handwerkszeug für den Umgang mit digitalen Technologien in der Schule mitbekommen – ganz unabhängig vom jeweiligen Unterrichtsgegenstand. Denn Digitalisierung hat nicht nur mit Informatik zu tun, sondern betrifft alle Bereiche.

Welche Werte wollen wir unseren Kindern vermitteln?

Letztlich geht es beim Einsatz von digitalen Technologien und KI im Schulwesen darum, welche Werte wir jüngeren Generationen mit auf den Lebensweg geben wollen. Programme wie ChatGPT eigenen sich vielleicht, um Texte zusammenzufassen oder Mathematikaufgaben zu lösen, können aber niemals die menschliche Denkleistung ersetzen. Ein weiterer Bereich, den Maschinen nicht abdecken können: Soft Skills. Wir sollten die aktuelle Diskussion zum Anlass nehmen und soziale Kompetenzen, die im schulischen Bereich bislang eher als zweitrangig betrachtet werden, als Bildungsinhalte in den Vordergrund rücken. Empathie- und Kommunikationsfähigkeit sind Skills, von denen Kindern auch noch das ganze Erwachsenenleben lang profitieren können und die man nicht einfach bei Bedarf schnell „ergooglen“ kann.

Viel zu lange haben Entscheidungsträger*innen bei der voranschreitenden Digitalisierung einfach nur zugeschaut und darüber diskutiert. Für Kinder und Jugendliche ist sie aber schon längst alltäglich. Nehmen wir ChatGPT als Anlass, damit wir nicht mehr nur übers Bildungssystem diskutieren, sondern es von Grund auf überdenken und endlich Handlungsschritte setzen!