Gastbeitrag: Patenfamilien für Kinder psychisch belasteter Eltern

Eine Patenschaftsgeschichte:

Lena ist 6 Jahre alt als ihre Mutter an einer schweren Depression erkrankt und eine Zeit lang nicht gut für sie und ihre Geschwister sorgen kann. Seit ihre Mama in Behandlung ist geht es wieder besser, aber Lenas Sorgen und Ängste sind nicht ganz verschwunden.

Seit zwei Jahren wird Lena von einer Patenfamilie begleitet. Sie treffen sich regelmäßig und die Beziehung konnte soweit wachsen, dass Lena eine Oma und einen Opa dazugewonnen hat. In der gemeinsamen Zeit überlegen Lena und die Pat*innen gemeinsam ob sie spielen oder backen oder ob sie einen Ausflug unternehmen. Oft genießt Lena einfach nur die Ruhe bei den Pat*innen, die ihr zu Hause manchmal fehlt und auch bei schulischen Angelegenheiten wird sie immer wieder unterstützt. Mit der Paten-Oma kann Lena auch über die Erkrankung der Mama reden, über die Schule und ihre Zukunftsideen erzählen.

Eine psychische Erkrankung eines Elternteils ist für die gesamte Familie eine große Belastung. Die Bedürfnisse der Kinder rücken dabei oft in den Hintergrund. Kinder mit psychisch erkranktem Elternteil müssen oft viel Verantwortung übernehmen, können unter Ängsten und Schuldgefühlen leiden oder sich alleingelassen fühlen. Um langfristig gesund zu bleiben, kann eine stabile Bezugsperson nachweislich eine gute Unterstützung sein. Dieses Wissen führte zur Entwicklung des 2017 in Graz begonnenen Patenschaftsangebots, dass von Miteinander Leben in Kooperation mit Styria vitalis umgesetzt wird.

Wie finden wir Paten und Patinnen?

Über Öffentlichkeitsarbeit werden interessierte Pat*innen gesucht und bei Informationsveranstaltungen wird das Angebot von uns vorgestellt und wichtige Fragen beantwortet. Bei Interesse vereinbaren wir ein Erstgespräch zum gegenseitigen Kennenlernen. Wer als Pat*in aktiv werden möchte, muss einen aktuellen Strafregisterauszug vorlegen. Die zukünftigen Pat*innen absolvieren daraufhin eine Schulung, in der es um die Vorbereitung für ihre Patenschaft geht. Inhalte sind ein Überblick über psychische Erkrankungen, über die Situation der Kinder, Möglichkeiten der Begleitung und Unterstützung der Kinder.

Wie läuft eine Patenschaft ab?

Pat*innen und die Erwachsenen der Herkunfstfamilien lernen sich in einem Erstgespräch begleitet von den Projektmitarbeiter*innen kennen. Danach erfolgt ein Kennenlernen an einem neutralen Ort von Pat*in und Kind gemeinsam mit den Eltern. Erst wenn alle Beteiligten einer Patenschaft zustimmen, werden weitere Treffen geplant und eine Vereinbarung zur Patenschaft unterschrieben.

Praktisch sind individuell vereinbarte wöchentliche Treffen zwischen Kind und Pat*in vorgesehen. Zudem werden regelmäßig Austauschtreffen für die Pat*innen und Herkunftsfamilien organisiert.

Sensibilisierung für die Situation der Kinder in der Öffentlichkeit

Neben der Auswahl, Koordination und Begleitung der Patenschaften ist es ein Ziel, die Öffentlichkeit für die Situation der Kinder zu sensibilisieren. Dies geschieht über Zeitungsberichte, war Ziel der Fachtagung „Bojen in Gefühlsstürmen“ im Februar 2019 und ist Hintergrund der Workshops, die für Pädagog*innen umgesetzten werden.

Die Workshops werden auch weiterhin für Lehrer*innen und Kindergärtner*innen in der Steiermark angeboten, können aber auch von anderen Berufsgruppen angefragt werden. Wer Interesse an einem Workshop hat, erfährt hier mehr dazu:  https://styriavitalis.at/angebote/kinder-psychisch-kranker-eltern

Die nächste Schulung für PatInnen findet im März 2020 statt. Interessierte melden sich bitte unter:  patenschaften@miteinanderleben.at  

Interessante Links zum Thema:

Buchtipp:

  • “Anne Marie und die Leichtigkeit” von Christina da Costa Amaral (Memoiren-Verlag Bauschke)

Gestärkte Kinderrechte: