Kinderrechte leben – ein Artikel für die Tagesmütter Herbstseiten

Anlässlich des Jubiläums “25 Jahre Kinderrechte in Österreich” wurde ein Artikel zu den Kinderrechten verfasst. Wichtig war uns zu zeigen, dass die Kinderrechte im Lebensalltag immer Platz finden können und sollen.

Hier geht’s zum gedruckten Artikel.

 

25 Jahre Kinderrechte in Österreich!

Am 5. September 1992 wurden in Österreich die Kinderrechte ratifiziert. Dadurch verpflichtete sich der Staat die Rechte der Kinder umzusetzen, sie einzuhalten und zu wahren. Dies war und ist ein bedeutender Schritt für die Umsetzung der Rechte von Kindern. Was aber heißt es konkret für uns Erwachsene die Rechte von Kindern umzusetzen, wo ergeben sich Herausforderungen und was sollte beachtet werden?

 

Kinderrechte-Facts:

  • 1989 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Konvention über die Rechte des Kindes“
  • 1992 ist die UN-Kinderrechtskonvention in Österreich in Kraft getreten
  • 194 Staaten haben die Kinderrechte anerkannt
  • Sie besteht aus 54 Artikel und umfasst drei Teilbereiche: Vorsorge, Schutz und Beteiligung
  • Kinderrechte sind seit 2011 Teil der Österreichischen Bundesverfassung (8 Artikel)

 

Die Rechte der Kinder sind so formuliert, dass sie für alle Kinder von 0-18 Jahren gelten und auch allen Kindern gleichermaßen zugänglich gemacht werden. Aufgrund der unterschiedlichen Lebensphasen und Lebensbedingungen von Kindern haben sie unterschiedliche Bedeutung und können nicht in gleicher Weise erreicht und umgesetzt werden. Für uns Erwachsene heißt dies, dass wir die Rechte des Kindes in jeder Lebensphase, die neue Bedürfnisse und Interessen mit sich bringt, neu durchdenken müssen und unser tägliches Tun und Handeln mit und für Kinder stets hinterfragen sollten.

In vielen Lebenssituationen stehen Kinderrechte in Konkurrenz zueinander, verlieren gewissermaßen an Bedeutung oder können gar nicht eingehalten werden. Hier einige Beispiele um die Problematik greifbar zu machen:

 

Betrachten wir einige Themenfelder:

Flucht: Kinder werden in ihrem Herkunftsland nicht vor bewaffneten Konflikten geschützt, das Recht auf Familie wird ebenfalls hinten angestellt, geschweige denn die Versorgung und bestmögliche Entwicklung des Kindes können erreicht werden. Dieses Beispiel verdeutlicht uns, dass die Umsetzung und Einhaltung von Kinderrechten in der Realität oftmals sehr ambivalent ist.

 

Ein anderes Beispiel, aus unserer nächsten Umgebung ist das Recht auf Schutz vor Gewalt. Obwohl jegliche Form von Gewalt an Kindern per Gesetz verboten ist, wird die „g´sunde Watschen“ nach wie vor in und von der Gesellschaft bagatellisiert und toleriert. Ein weiteres, von Kindern angesprochenes Beispiel, ist das „Abschiedsbussi“:  Kinder berichten, dass das verwandtschaftliche „Bussi“ oft nicht mehr gewünscht ist. Trotzdem wird der Wunsch gerne überhört und nicht respektiert. Ebenso hat ein Kind das Recht zu entscheiden, ob es fotografiert werden möchte oder nicht. Auch wenn sich das Kind klar dagegen ausspricht, ignorieren manche Erwachsene diesen Wunsch des Kindes.

 

Sehr herausfordernd ist auch das Recht auf angemessene Information: Informationen sollten alters- und kindergerecht aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Oft erhalten Kinder diese Möglichkeit nicht und kommen in den Genuss von „Erwachseneninformationen“, die sie nicht einordnen und verarbeiten können.

 

Was heißt dies nun für die Praxis?

„Was Kindern gut tut, tut auch Erwachsenen gut!“

 

Die vorherigen Beispiele zeigen, dass die Umsetzung von Kinderrechten im Alltag nicht immer ganz einfach ist. Dennoch sollte das Handeln und Tun von Erwachsenen mit und für Kinder immer unter Berücksichtigung der Kinderrechte und des Kindeswohls passieren. Die Interessen, Anliegen und Wünsche von Kindern, die keine gesetzliche Anerkennung finden, sollten trotzdem gehört und auf sie eingegangen werden. Es ist besonders wichtig Kinder in allen Belangen, die Kinder betreffen zu beteiligen und zwar auf altersgerechte Weise.

 

Hier können Kinder mitreden und mitbestimmen:

In einigen Städten in der Steiermark gibt es KinderParlamente und Kindergemeinderäte. Wie beispielsweise schon seit 15 Jahren in Graz und seit 3 Jahren in Leoben. Kinder haben dort die Möglichkeit bei Dingen, die sie betreffen mitzuentscheiden, ihre Stadt zu verändern und lernen schon sehr früh demokratische Prozesse kennen. In der Gruppe werden gemeinsam Themen und Anliegen entschieden, die Kindern wichtig sind und die sie verändern möchten. Seit Jahren verfolgen Kinder beispielweise mit viel Geduld und Beharrlichkeit das Thema „rauchfreie Spielplätze“.

 

Dazu wurden heuer schon in einigen steirischen Gemeinden Tafeln für rauchfreie Spielplätze aufgestellt.

Nähere Infos gibt es hier.

 

Kinderrechte in der Familie

Was bedeuten Kinderrechte in der Familie und im täglichen Umgang mit Kindern? Die Kinderrechtskonvention hat das Ziel, eine familiäre und gesellschaftliche Atmosphäre zu schaffen, die durch gegenseitigen Dialog, ein herrschaftsfreies Miteinander und durch liebevolle gegenseitige Achtung gekennzeichnet ist. Familie ist der Ort an dem Kinder ihre ersten demokratischen Erfahrungen sammeln sollten. Es sollte der Ort sein, der Kindern und allen weiteren Familienmitgliedern Liebe, Geborgenheit, Schutz und gegenseitige Achtung bietet. Unter besonderer Berücksichtigung des „Kindeswohls“ liegt es in der Verantwortung der Eltern, die Kinderrechte in der Familie bestmöglich umzusetzen. Das Wissen der Erwachsenen darüber ist dabei die Voraussetzung.

 

Einige Beispiele werden folgend beschrieben.

Beteiligung und Mitsprache in der Familie: Die vorhin erwähnte gegenseitige Achtung bedeutet, dass Kinder genauso wie Eltern zuhören und sagen können, was sie sich denken, was sie fühlen und was sie sich wünschen. In jeder Lebensphase des Kindes verändern sich ihre Bedürfnisse, Interessen und Wünsche. Daher ist es besonders wichtig als Erwachsener, das Kind in dem was es tut und sagt, bewusst wahrzunehmen und darauf bestmöglich einzugehen. Ist es die Wahl der Kleidung, Mitentscheidung beim Mittagessen, Planung des Urlaubs oder des Wochenendes, Gestaltung des Zimmers oder eines Familienfestes etc.

 

Kinder sollen in allen Belangen, die sie betreffen, mitentscheiden und mitreden dürfen.

 

Zeit mit beiden Elternteilen: Jedes Kind hat das Recht auf Familie. Es hat das Recht Zeit mit der Mutter, dem Vater oder anderen Personen zu verbringen, die für das Kind zur Familie zählen. Vor allem im Falle von einer Trennung oder Scheidung leiden besonders Kinder unter dem Verlust eines Elternteils. Die Streitigkeiten und Konflikte rund um die eigene Partnerschaft oder Ehe oder aber auch das Sorgerecht, werden oft auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. In vielen Fällen werden Kinder benutzt um eigene Interessen durchzusetzen und damit der Partnerin/ dem Partner zu schaden. Erwachsene vergessen unter diesen Umständen oft das Kind zu fragen und es bei Entscheidungen, die das Kind in dieser Angelegenheit betreffen, mitentscheiden zu lassen. Vielleicht hat das Kind schon eine Vorstellung von einem weiteren Zusammenleben, bei welchem Elternteil es wohnen möchte oder an welchen Tagen und wie oft es zu Besuch kommen möchte.

 

Erholung, Spiel und Freizeit: Besonders wichtig erscheint dem Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14 das Recht auf Erholung, Spiel und Freizeit. Kinder sind schon sehr früh mit unterschiedlichsten Förderprogrammen, sportlichen/kulturellen Aktivitäten oder anderen Freizeitaktivitäten konfrontiert. Neben Tageseltern, der Kinderkrippe, dem Kindergarten oder der Schule wird ihre Freizeit oftmals bis zur letzten Minute verplant. Es bleibt wenig Zeit für familiäres Miteinander, Zeit für Erholung, Zeit für Spiel. Auch wenn Erwachsene sich oft unter enormen gesellschaftlichen Leistungsdruck der Kinder befinden, ist es wichtig den Kindern Zeit für Spiel zu geben, um sich in Ruhe entwickeln zu können. Sich an müden Tagen hinzulegen und auch einmal Langeweile auszuhalten, all dies birgt wunderbare Möglichkeiten, sich kreativ zu entfalten.

 

Bei der Freizeitplanung ist es Aufgabe der Eltern das Kind nicht zu überfordern, sondern gemeinsam mit dem Kind Aktivitäten auszuwählen, die es wirklich gerne machen möchte. Vor allem aber ist es auch wichtig auszuhalten, wenn das Kind an dem einen oder anderen Tag einfach lieber etwas anderes machen würde.

 

Privatsphäre: Was macht das Kind im Zimmer, mit wem schreibt es andauernd über Whats App, was steht eigentlich im Tagebuch, geht es meinem Kind gut oder hat es Schwierigkeiten? Das sind sicher nur einige Fragen, die sich Eltern oft stellen. Kinder aber, haben das Recht auf Privatsphäre. Nachrichten am Handy oder das Tagebuch dürfen nicht ohne Einverständnis des Kindes gelesen werden. Ratsam ist es hierbei von Anfang an dem Kind Vertrauen zu vermitteln und es zu stärken. Wenn das Vertrauen von beiden Seiten gut gestärkt ist, können Eltern sichergehen, dass das Kind bei Problemen an sie herantreten wird. Kommen doch Zweifel auf, kann unter Einverständnis des Kindes und gemeinsam mit dem Kind beispielweise das Handy durchgeschaut werden.

 

Wichtige Kinderrechte auf einen Blick

  • Artikel 6: Recht auf Leben und Entwicklung
  • Artikel 9: Recht auf Familie und beide Elternteile
  • Artikel 12: Recht auf Beteiligung und Meinungsäußerung
  • Artikel 13: Recht auf Meinungsfreiheit
  • Artikel 16: Recht auf Schutz der Privatsphäre
  • Artikel 17: Zugang zu angemessener Information
  • Artikel 19: Recht auf Schutz vor Gewalt
  • Artikel 22: Recht auf Schutz und Hilfe für Kinder auf der Flucht
  • Artikel 23: Recht auf besondere Unterstützung für Kinder mit Beeinträchtigung
  • Artikel 24: Recht auf Gesundheit
  • Artikel 28: Recht auf Bildung
  • Artikel 31: Recht auf Freizeit, Spiel, Erholung und künstlerische Aktivitäten

 

Was tun wir?

Das Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14 setzt sich für die Stärkung, Bekanntmachung und Umsetzung der Kinderrechte, auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention, auf gesellschaftspolitischer Ebene ein.

5 Bereiche als Säulen unserer Arbeit: Kinderrechte, Bildung & Wissenschaft, Wohnen Stadt Verkehr, Gesundheit & Umwelt, Wirtschaft & Medien

Kontakt:

Karmeliterplatz 2/3, 8010 Graz

Tel: +43 316 90370-180

Mail: office@kinderbuero.at

Web: www.kinderbuero.at

 

Buchtipp:

TrauDi!-Bücher vermitteln Kinderrechte in Abenteuergeschichten für Kinder ab 6 Jahren. In kindergerechter Sprache werden Themen wie Gewalt, Spiel und Flucht behandelt. „TrauDi! und das blaue Auge“ wurde 2016 mit „Myki“, dem Österreichischen Kinderschutzpreis, belohnt.

Erhältlich sind die TrauDi!-Bücher um € 2,50 im Kinderbüro-Die Lobby für Menschen bis 14 oder per Mail unter produkte@kinderbuero.at

Web: https://www.kinderbuero.at/produkte/